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Die Geschichte der Hengstfelder Schule und ihrer Lehrer


Das ursprüngliche Schulhaus (heute Verwaltungsstelle Hengstfeld) hat eine
ungewöhnliche Vorgeschichte. Vermutlich im 14./15. Jahrhundert stand in der
Südwestecke des Friedhofs ein Gebeinhaus (Beinhäuschen) zur Aufnahme von
Gebeinen, die man bei der Neueinrichtung von Gräbern vorgefunden hatte. Nach
der Reformation wurde dieses Gebeinhaus nicht mehr benutzt und 1564 zu einem
kleinen Wohnhaus erweitert. Dieses erwarb der Pfarrer Leonhard Bieber 1619 und
stiftete es als Schulhaus. Sein Sohn Conrad Bieber, ein Schneider, hielt darin
Schule. Jedoch war er nicht der erste Schulmeister in Hengstfeld überhaupt, denn
schon 1572 wird Johann Hetzner als erster Schulmeister erwähnt.
Bis 1619 werden die freiwillig am Unterricht teilnehmenden Kinder in der Wohnung
des Lehrers im Lesen, Schreiben und Singen unterrichtet.
Das Gebäude war wie damals üblich mit Stroh gedeckt und baulich äußerst primitiv
errichtet, bevor eine massive Giebelwand errichtet und das Dach mit Ziegeln
gedeckt wurde.
In diesem kleinen, einstöckigen Schulhäuschen wohnten die Schulmeister mit ihren
oftmals großen Familien. Man kann es sich heute kaum vorstellen, zu unterrichten,
einen Handwerksberuf auszuüben und selbst noch eine größere Anzahl eigener
Kinder in einem Raum aufzuziehen.
Außerdem wurde der Schulraum auch von der Lehrersfrau für ihre Hausarbeit
benutzt. Und für seine nebenberufliche Landwirtschaft benutzte er jeden freien
Winkel des Hauses.
1743 wurde ein Antrag an die Kirchenpatrone gestellt, das inzwischen baufällige und
behelfsmäßig abgestützte Haus zu renovieren.
Dieser Antrag wurde erst 1784 genehmigt – und das Schulhaus wurde mit billigen
Mitteln „neu erstellt“.
1811 wurde bereits wieder auf den katastrophalen Zustand hingewiesen und auch
betont, dass der Schulraum für 96 Kinder viel zu klein sei. Daher wurde 1820 eine
Notreparatur durchgeführt.
1833 wurde endlich das Schulhaus erweitert, nachdem 130 bis 150 Kinder die
Schule besuchten. Es wurde von Grund auf renoviert, ein 2. Stock als
Lehrerwohnung aufgesetzt und um 3 Meter verlängert. Trotzdem blieb die Raumnot
bestehen.
1895 erbaute die Gemeinde Hengstfeld eine neue Schule – 2 große Klassenräume
und im Dachgeschoß eine Lehrerwohnung - und wie üblich im Hof eine Latrine.
Somit konnten im Untergeschoß die Klassen 1-4 und im 1. Stock die Klassen 5-8
unterrichtet werden.
Klassenstärken von nahezu 100 Kinder waren üblich – und daher mussten Räume
im alten Schulhaus, das mittlerweile Rathaus der Gemeinde Hengstfeld wurde, zu
Schulzwecken wieder benutzt werden, besonders als zwischen 1955 und 1965 ein
Aufbaukurs für begabte Schüler ab der 5 Klasse eingerichtet wurde.
Ab 1965 besuchten die Hengstfelder Kinder die Hauptschule in Rot am See und ab
1973 die Grundschule in Wallhausen.
Die freigewordenen Räume wurden im Erdgeschoß als Jugendraum für die örtliche
Jugendgruppe des „KSV Wolf“ und im 1.Stock als Übungsraum des Gesangvereins
eingerichtet. Die Lehrerwohnung war bis 2005 als Wohnung vermietet.

Ab 2006 wurde in der alten Lehrerwohnung das Dorfschulmuseum errichtet.


Die Julius-Wengert-Stube


Was wäre eine Schule ohne ihre Lehrer? Über die Hengstfelder Schullehrer hat Otto
Ströbel in seiner Ortschronik über Hengstfeld manches geschrieben, nicht nur
Erfreuliches. Seit 2017 wurde das Schulmuseum durch die Julius-Wengert-Stube
erweitert. Julius Wengert war kein Hengstfelder, sondern wurde 1871 in Wallhausen
geboren. Als viertes Kind einer kleinbäuerlichen Familie wuchs er dort auf und kam
aufgrund seiner Begabung in die damalige Lehrerbildungsanstalt Tempelhof, heute
Gemeinde Kreßberg. Dort legte er auch das 1. Staatsexamen ab und wurde
anschließend Lehrer in Heslach bei Stuttgart und in Öhringen, später wurde er in
Stuttgart zum Rektor ernannt. Seine Liebe zur Musik entwickelte er als Chorleiter
bedeutender Stuttgarter Chöre weiter, wurde als Gau-Chorleiter und 1916 sogar zum
Königlich Württembergischen Hofmusikdirektor berufen – eine steile Karriere um die
Jahrhundertwende.
Das erste Stockwerk, das zuvor viele Jahre Übungsraum des Hengstfelder
Gesangvereins gewesen war, wurde ihm zu Ehren als Museumsraum eingerichtet.
Seine Enkelin Gabriele Panhans übergab der Gemeinde Wallhausen alle noch
vorhandenen Möbel, Urkunden, Kompositionen, Familienpapiere, Fotos und viele
Gegenstände aus dem Nachlass ihres Großvaters als Leihgabe.
Roland Jakel gestaltete den Aufbau so, dass Besucher auch ohne Vorkenntnisse
Leben und Werk von Julius Wengert erschließen können. Daneben wurde der sehr
umfangreiche schriftliche Nachlass von ihm sorgfältig katalogisiert und neu geordnet.
Julius Wengerts Schaffen als einer der maßgeblichen Komponisten für Männerchöre
im frühen 20. Jahrhundert wird damit wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Zugleich eröffnet sich exemplarisch das Beispiel einer Lehrerpersönlichkeit, deren
Bedeutung weit über seine schulische Tätigkeit hinausging. Wengert starb 1925 nach
einer Lungenerkrankung in Lugano (Schweiz) und wurde in einem Ehrengrab im
Waldfriedhof Stuttgart beigesetzt.

Viele Jahre trug der Männerchor Wallhausen seinen Namen, daneben sind auch die
Julius-Wengert-Straße und die Julius-Wengert-Schule in Wallhausen nach ihm
benannt.



Wie alles entstand


Durch den Verkauf des Farrenstalles, der von Seiten der Gemeinde Wallhausen
aufgegeben wurde, mussten die dort seit Jahrzehnten eingelagerten alten
Schulmöbel ausquartiert werden - aber wohin?
Eine Entscheidungshilfe war, dass die Mieter in der schräg gegenüber liegenden
Lehrerwohnung im alten Schulhaus auszogen. Die Idee war geboren, dort mit dem
Inventar anderer Dorfschulen ein Schulmuseum aufzubauen und einzurichten.
3 Räume und eine große Diele standen in der Dachgeschosswohnung zur
Verfügung. Ein ganzes Jahr war nötig, um die Räume zweckmäßig herzurichten und
umzugestalten. Dazu gehörte auch die Neuverlegung der elektrischen Leitungen, die
Entfernung alter Anstriche und Tapeten und das Verputzen und Streichen von
Wänden und Decken. Auch die Fußböden mussten von alten Belägen freigemacht,
gesäubert, neu gestrichen und repariert werden.
Aber mit den Möbeln allein war noch kein Museum aufgebaut. In der Grundschule
Wallhausen wurden wir auf dem Speicher und im Lehrmittelraum fündig. Alte
Schulbücher, Klassenbücher und Lehrmittel fanden den Weg nach Hengstfeld.
Ein Artikel im Hohenloher Tagblatt brachte uns dem Ziel ein gutes Stück näher. Viele
Leute trennten sich von teilweise sehr alten Schul- und Spielsachen, welche Kindern
in den Zeiten der 1930er Jahre bis ca. 1970 in der Schule benutzten und in der
Freizeit Freude und Abwechslung bereiteten.
Etwa zur selben Zeit entrümpelte die Leonhard-Sachs-Schule in Crailsheim aus
Platzgründen und das im Aufbau befindliche Dorfschulmuseum war dankbarer
Abnehmer. Die ganze Familie des Museumsgründers Roland Jakel half mit, diese
„Fundstücke“ abzuholen, aufzubereiten und in den neu gestalteten Räumlichkeiten
unterzubringen. Was dann noch fehlte, wurde bei Ebay eingekauft. So entstand ein
Kleinmuseum ganz ohne öffentliche Mittel und Förderung durch Eigeninitiative.
Am 10. September 2006 war es endlich so weit: Das Dorfschulmuseum wurde in
Anwesenheit vieler Gäste feierlich eröffnet.




Was wir bieten


Unser Museum soll alle Altersgruppen ansprechen. Es zeigt zwei Schulstuben,
wie man sie sich in der Zeit der Vor-und Nachkriegszeit und in der Zeit von
1965 bis 1970 vorstellen kann. Die hier und in den Durchgangsräumen
ausgestellten Objekte bieten viel Anlass für Gesprächsstoff, denn so ähnlich
dürfte damals Erziehung und Bildung in vielen Dorfschulen stattgefunden
haben. Man kann sich informieren, zurückbesinnen oder Vergleich anstellen,
wie Kinder früher und heute lernten und lernen. Wie der Schulalltag der Kinder
in Hengstfeld ausgesehen hat, wird dabei einbezogen.
Ein wesentlicher Aspekt liegt auf der Nachkriegszeit, die mit großen
Entbehrungen der Kinder verbunden war: Flüchtlinge und Vertriebene wurden
einquartiert, der Lehrermangel war offenkundig, es gab keine Schulbücher, es
mangelte an Brennstoff, die unzureichende Bekleidung, Ernährung,
Wohnsituation und die außerschulische Arbeitsbelastung der Kinder waren
weitere Belastungen.

Die Kombi-Lösung für Ihren Besuch
Für die Führung mit einer größeren Gruppe bietet sich eine Kombination mit der
Julius-Wengert-Stube an. Auch die Einbeziehung des ehem. Ortsarrestes im
Feuerwehrmagazin ist aufgrund der räumlichen Nähe möglich. Dabei kommen
Sie auch am Geburtshaus des wohl bedeutendsten Sohnes der Gemeinde vorbei,
dem Kaufmann und Mitbegründer des KaDeWe in Berlin, Adolf Jandorf.
Auf ihn als Ehrenbürger weist auch die Hinweistafel vor der Verwaltungsstelle (der
ersten Dorfschule) hin.




Kontakt


Gemeindeverwaltung Wallhausen (Mo.-Fr.)
Seestraße 2, 74599 Wallhausen
Tel. 07955 / 9381-0
oder bei Waltraud Rieker
Tel. 07955 / 92 55 39


Öffnungszeiten

Nach Voranmeldung


Eintritt

Spenden werden gerne angenommen


Gründer des Dorfschulmuseum Hengstfelds

Roland Jakel



Anfahrtsskizze







Website Administrator Felix L. Kreuzberger